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Macht Luna toxisches Marketing? Mit Expertin für toxische Positivität Fabienne Bauer

Fabienne Bauer, Systemische Coach, Trainerin für Potentialentfaltung und Organisationsentwicklerin, berät Unternehmer:innen und Teams u.a. für neue Arbeitsformen. Auch beschäftigt sie sich schon seit einigen Jahren mit dem Thema toxisches Marketing und toxische Positivität. Zudem hat sie zu Mindful Leadership geforscht und dazu an der Hochschule gelehrt.

Als sie Wirtschaftspsychologie studierte, kam sie mit Achtsamkeit und Coaching im Unternehmenskontext in Berührung. Ihr Interesse war geweckt und sie begann, sich sehr intensiv mit dieser Thematik auseinander zu setzen. Dabei landete sie sehr schnell in der typischen Coaching-Positivity-Bubble. 

Toxische Positivität beschreibt die Unterdrückung von negativen Gefühlen. Sie sollen als “Ist doch gar nicht so schlimm” gesehen werden und mit positiven Gefühlen und Verstärkungen besänftigt werden. Beim toxischen Marketing wird viel “GOOD VIBES ONLY” versprüht.

Motivierende Sprüche wie: 

“Gib’ niemals auf!” , “Du solltest dich selbst immer akzeptieren.” oder “Es ist alles nur in deinem Kopf!” können zunächst auch sehr motivierend wirken und einen denken lassen “Hej, ja genau! Ich muss mich einfach durchbeißen und jede Hürde auf dem Weg in meine Selbstständigkeit oder meiner Persönlichkeitsentwicklung, lässt mich nur stärker werden.”

Sie laß viel zum Thema Coaching, Achtsamkeit und persönliche Weiterentwicklung. Doch mit der Zeit kamen immer stärkere Störgefühle auf. Ihr Studium intensivierte sich, sie wusste nun mehr über klinische Psychologie und mentale Erkrankungen. Zudem stärkte sich ihr politisches Interesse und das Wissen über soziale Ungerechtigkeit, Diskriminierung und gesellschaftliche Stigmatisierung. 

Das alles führte Fabienne nach und nach in einen Zwiespalt. Auf der einen Seite großer Fan von fundierten Coaching-Ansätzen und -methoden, auf der anderen Seite immer größer werdende Störgefühle darüber, was unter dem Begriff „Coaching“ so verbreitet wurde. Fabienne fing an, die Coaching-Bubble betreffend, einiges zu hinterfragen. Sie spürte, dass mentale Gesundheit und toxisches Marketing keine gesunde Einheit bildeten und sogar gefährlich sein können.

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Toxische Positivität

„Der Weg in diese Coaching-Bubble findet sich schnell“, sagt Fabienne. Denn Positivität, Achtsamkeit und glücklich sein sind Aspekte, die etwas in uns Menschen in der heutigen Gesellschaft auslösen und somit manipulativen Marketingtechniken einen leichten Einstieg ermöglichen. 

WIR WOLLEN DAS AUCH ! – Ist eine typische Reaktion und das Gefühl, welches diese Art von Marketing in uns auslöst.

In dem Buch „toxische Positivität“ von Whitney Goodman hörte sie zum ersten Mal von dem Begriff der „toxischen Positivität“. Sie wollte unbedingt darüber aufklären und schreiben. Denn sie machte es wütend, dass „toxisches Marketing oder toxische Positivität als DIE WAHRHEIT verkauft wurde.“

Hier mal ein paar Beispiele:

„Wenn ich das schaffe, schaffst du es auch!“

„Wenn du dich davon getriggert fühlst, dann hast du bei dem Thema ein Problem.“

„Richtet man den Blick auf neurologische Kenntnisse“, sagte Fabienne, „können wir gar nicht überwiegend positiv fühlen. Dafür sind wir gar nicht ausgelegt. Zudem wird die Ausgangslage jedes Einzelnen außer Acht gelassen. Denn nicht jede:r hat den selben Startpunkt und dieselben Möglichkeiten.“

Tendenzen auf Instagram - toxisches Marketing / Positivität

Die Tendenzen zur toxischen Positivität in unserer Gesellschaft zeigen sich auf Instagram noch einmal verstärkt. Instagram ist sozusagen der Katalysator, die Bühne für toxische Positivität. 

Ein Klassiker in der Instagram-Welt ist:  
„Wenn du mein Programm befolgst, dann wirst du erfolgreich/glücklich.
Und wenn dies nicht klappt, dann hast du wohl nicht genug an dir gearbeitet.“

In Deutschland haben wir eine große Verbreitung an psychischen Erkrankungen, mit steigender Tendenz.

Zusätzlich erwähnte sie, dass eine Unterversorgung an Therapieplätzen vorherrscht. Somit geht es vielen Menschen psychisch nicht gut und sind krank, können dies jedoch nicht behandeln lassen oder erst sehr spät.

Auf diese Situation, und diese Menschen, trifft dann toxische Marketing mit Sätzen wie:

„Hey, das ist alles kein Problem, denn wenn du das Programm jetzt machst, dann gehts dir danach gut und du wirst glücklich sein. Du musst dich nur mehr anstrengen und positiv denken.“

Dies sieht Fabienne als sehr gefährlich an. Richtig schwierig wird es dann auf Instagram, sagte sie, denn: Hier treffen die Schmerzpunkte vieler Menschen auf die verlockend einfachen „Lösungen“ toxischer Positivität.

Wichtig ist ihr jedoch zu sagen, dass Positivität nicht gleich toxisch sein muss. Jedoch ist dieses Thema auf Instagram schwierig: Hier kann nicht auf jede einzelne Person eingegangen werden. Im 1:1 Coaching sieht das ganze anders aus. Die Verallgemeinerung ist das Problem!

Spiritualität - Toxisches Marketing?

Fabienne weiß, dass Achtsamkeit und Spiritualität uns auch helfen können. Sie sagte: „Dies kann nachweislich unsere Resilienz stärken. Aber auch hier geht es wieder darum, was daraus gemacht wird. Und nur, weil es bei dir funktioniert, muss es bei anderen nicht funktionieren.“

Wie sieht sie das Thema „Spiritualität“ und toxisches Marketing?

Stichwort: „Love Attraction“ – Etwas was ich nach außen sende kommt auch zu mir zurück.

“Dies sei bei positiven Dingen mega“, sagt Fabienne, „aber was ist bei den Punkten, die nicht so cool sind? Habe ich das dann auch ausgesendet und verdient?“

Genau hier wird es wiederum super schwierig und auch toxisch. Denn es gibt vieles was wir beeinflussen können, aber auch vieles was wir nicht beeinflussen können. Wird auf diesen Aspekt im toxischen Marketing zurückgegriffen, wird auch hier die Verantwortung auf den einzelnen abgewälzt. Dabei steckt so viel mehr dahinter, als die eigene Verantwortung, der Wille etwas verändern zu wollen oder sich Themen zu widmen, die einen triggern.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg – Ist ein typischer Satz, welcher in diesem Zusammenhang oft gehört wird. Fabienne sieht genau da das Problem. „Denn keine marginalisierte Personengruppe hätte diesen Satz erfunden“, sagt sie, „vor allem die Coaching Bubble ist wenig divers und meist sehr privilegiert.“ 

Individuelle Herausforderungen können nie ohne die strukturellen Bedingungen, in denen sie entstehen, gedacht werden. Doch genau das passiert an vielen Stellen in der Coaching-Bubble: Die Verantwortung wird auf Individuen abgewälzt – der Einfluss von strukturellen Bedingungen, Ungleichheit, Diskriminierungsformen, mentalen und körperlichen Erkrankungen etc. wird ausgeblendet.“

„Man kann keine zwei Lebenssituationen miteinander vergleichen.“, unterstreicht Fabienne.

Das gefährliche an toxischer Positivität

Es wird suggeriert: „Ich muss jetzt damit klar kommen. Ich muss einfach nur dreimal atmen und dann passt das schon. Ich muss jetzt meine Emotionen herunterfahren, statt sie zu spüren und rauszulassen und auf Missstände aufmerksam zu machen; gegen vorherrschende Bedingungen anzugehen!

Fabienne und Luna sind sich einig:

Wir müssen auf die Straße gehen und unsere Stimme gegen gesellschaftliche Missstände erheben, statt sie wegzumeditieren. 

Wir müssen auch negative Gefühle fühlen, ansonsten überrennen wir unsere Bedürfnisse. An einigen Stellen ist die Innenkehr sicherlich nützlich, aber hier muss genau differenziert werden. 

3 Learnings
  1. Nur weil  Person A diesen Weg geschafft hat, heißt es noch lange nicht, dass es bei allen anderen genau auf dieselbe Art und Weise funktioniert. Jeder Mensch hat eine andere Ausgangssituation.
  2. Wo ein Wille ist, ist auch Weg. – Ist nicht immer der richtige Ansatz. Betrachte immer deine eigenen Möglichkeit und Situation. Gehe deinen Weg in deinem Tempo und auf deiner individuellen Grundlage. 
  3. Du musst nicht immer positiv sein. Negative Emotionen dürfen und sollten gespürt werden, ansonsten über rennst du deine Bedürfnisse!

Hier gehts zu der Folge:

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